Seltsam ist es schon, da regiert
eine Partei in diesem Land Tirol seit Jahrzehnten und gerade in der letzten
Zeit werden Skandale dieser Partei nach und nach aufgedeckt, unter anderem
durch enormes Engagement des ausgesprochen mutigen Publizisten Markus Wilhelm,
der diese Skandale auf seinem Blog dietiwag.org
veröffentlicht und was ist die Konsequenz?
Keine schwindligen
Cross-Border-Geschäfte der TIWAG, keine fragwürdigen Jagdeinladungen, kein
Versagen der Landesbank, ja nicht einmal erbärmlich peinliche Landtagsreden
von Abgeordneten dieser Partei vermögen es, diese Partei zu erschüttern.
Wehe es wäre eine andere Partei
gewesen, die sich derart viel Schuld aufgeladen hätte, Hohn, Häme und Spott
lägen an der Tagesordnung.
Ein kaum merkbarer Kratzer, das war
alles, dafür wurde der Koalitionspartner abgestraft – und als „Ministrant“, als
„Steigbügelhalter“ beschimpft. Egal für welchen Koalitionspartner sich die ÖVP
dermal entscheidet, es wird jedem so ergehen und ihm die Aufgabe des
Sündenbocks zugteilt werden.
Warum ist es so, wie es ist?
Ich weiß es nicht, ich ahne nur.
Unterhält man sich mit
offensichtlich ÖVP-affinen Personen, so stellt man fest, dass Kritik an der
eigenen Partei unangebracht ist. Selbst der Hinweis auf Skandale werden
abgetan, man will nichts von dem wissen.
In Tirol herrscht ein Familienkult
und was der Vater und die Mutter, Großvater, Großmutter gewählt haben, wählt
auch das Kind. Die ÖVP ist nicht irgend eine Partei mit politischen Hintergrund,
sondern ein Kult, eine Religion, ein Dogma, eine sizilianische Familie, die man
nicht verrät - vergleichbar mit einem
Fußballverein. Man jubelt, wenn er gewinnt, der Rest, der Inhalt ist egal. Jede
Form von Kritik ist Blasphemie.
Anderswähler sind Ausgestoßene,
Unberührbare, Exoten und manchmal auch, wie ich dies selbst in natura vernehmen
musste „Schweine“ oder „Focken“ (=Ferkel).
Dieser Umstand gewährt der ÖVP
Narrenfreiheit, die Stammwähler - und das sind viele - werden stets ihr treu
bleiben, unabhängig was sie sonst noch "anstellt".
Die Koalitionspartei agiert als
Sündenbock, der für die Vergehen ihres Partners einzustehen hat und diesen
somit reinwäscht.
Somit wäre eigentlich jeder Partei
abzuraten, sich mit einer Koalition mit der ÖVP einzulassen – man wird nur
verlieren. Einerseits.
Andererseits der Umstand, dass eine Partei derart lang an der Macht steht, ist
demokratiepolitisch äußerst bedenklich.
Es werden Netzwerke und
Seilschaften gebildet, die für das demokratische Verständnis nicht gesund sein
können. Seilschaften in die man keinen Einblick hat und gegen die man nur mehr
sehr schwer ankommt, und irgendwann gehören ihnen die Medien – das war es dann.
Vielleicht hat hier der
Koalitionspartner die bessere Möglichkeit seinem Partner auf die Finger zu
schauen. Obendrein würde man verweigernden Parteien vorwerfen, dass sie keine Regierungsverantwortung übernehmen möchten.
Als Dank dafür, gibt es das nächste
Mal Stimmenverlust – wie man es macht – es wird immer falsch sein –
- die Erbsünde lässt grüßen.
30 / 04 / 2013
Einen hab’ ich noch.
Den Faktor, der eventuell auch eine
Ursache des oben genannten Umstandes sein könnte, nämlich den des Opportunismus, welchen
ich übersah.
Er fiel mir ein, als ich mich an
eine ÖVP-Wählerin erinnerte, die mir freudestrahlend erklärte, „mir (=wir) haben gewonnen“. Das wäre ja
nicht so ungewöhnlich, interessant aber ist, dass diese Dame sich eigentlich
gar nicht für Politik interessiert – in keiner Weise – überhaupt nicht, bis auf
das: „mir haben gewonnen.“
Dies ließ in mir den leisen
Verdacht keimen, dass manche deshalb schwarz wählten und weiterhin wählen
werden, weil sie nicht verlieren und sich zu den Siegern zählen möchten –
vergleichbar mit kleinen Kindern, die den Tyrannosaurus Rex präferieren – weil
dieser alle anderen auffrisst … oder so.
Vielleicht fallen mir noch ein paar
Beweggründe ein, die dieses Phänomen erklären könnten.
01 / 05 / 2013