Montag, 17. November 2014

Wenn Menschen jubeln, wenn jemand halbtot oder tot geschlagen

Wenn Menschen jubeln, wenn jemand halbtot oder tot geschlagen wird, nennt man das Sport - denn im Krieg ist man doch nicht so grausam.




Als moderner Humanist erstaunt es mich nach wie vor mit welch einer Selbstverständlichkeit auch im 21. Jahrhundert ein Mensch krankenhausreif, halbtot (Abdusalamow) bis ganz tot (Becky Zerlentes) geschlagen werden darf, solange nur das Spectaculum mit dem Etikett „Sport“ versehen wird.

Schon vor mehr 20 Jahren war ich ob der Verlogenheit der Gesellschaft, wie auch der Medien, der Empathielosigkeit der Akteure, Voyeure, aber insbesondere der Journalisten baff erstaunt. Wie Zombies tippen sie das Geschehene in ihre Textprogramme, kein Hinterfragen der Würde des Menschen, der Ethik, der political correctness, im Gegenteil der Autor des Artikels verspottet einen Menschen mit Gehirnerschütterung noch und spricht von „peinlichen Sätzen“.

Was wäre wohl, wenn ein Journalist sich über einen Menschen, der bei einem Autounfall eine Gehirnerschütterung erlitten hätte, derart äußert? Mokiert sich dieser auch über seine Mutter, wenn sie an Demenz erkrankt ist, wegen ihrer Vergesslichkeit?

Brutalität, Gewaltverherrlichung und Zynismus par excellence, in real und nicht als digitale Schöpfung. Zwar betrachte ich Tageszeitungen grundsätzlich nicht als Instanzen von Moral, nichts desto trotz, tragen sie als „Meinungsmacher“ doch eine gewisse Form von Verantwortung.

Solange Gewalt derart medial verehrt wird, sollten wir uns nicht wegen der Gefühlskälte der Gesellschaft wundern.


Der Boxer Klitschko meinte „Ich wünsche immer, dass der Sportler nach dem Kampf gesund ist", sagte Klitschko -  "Aber das ist halt Sport." (Standard).

Sonderlich geistreich, ist diese Aussage nicht und könnte abgekürzt werden mit, es ist, weil es ist.

Wir leben im 21. Jahrhundert, wir haben gelernt, dass Juden nicht unsere Brunnen vergiften, wir wissen, dass Homosexualität nicht ansteckend ist, wir lernen gerade, dass man vielleicht auch Frauen in der Bundeshymne erwähnen darf, abgesehen von einem Volksjodler, wir schaffen es zu verstehen, dass unter "Schülerinnen" auch Personen männlichen Geschlechts mitgemeint sind, dass Menschen anderer Hautfarbe keine Untermenschen sind, dass man Kinder nicht schlägt und Menschen keine Ware sind und dass man Tiere nicht quält oder füttert und zum Gaudium erschießt.

Na ja, ziemlich wahllos und unsortiert aufgezählt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber es wäre nicht schlecht, wenn wir auch "Gewaltlosigkeit im Sport" auf die To-Do-List setzen sollte, denn Sport ist kein Paralleluniversum - völlig los gelöst von dieser Welt.

Montag, 17. November 2014

2 Kommentare:

  1. Solange Boxen als “Sport” gilt und darin Weltmeisterschaften und Olympiaden abgehalten werden, sind wir keine zivilisierte Gesellschaft.

    AntwortenLöschen
  2. Ja, Patricia, so sehe ich das auch, leider ist diese Gesellschaft noch zu sehr auf alte primitive Muster kognitiv eingeschränkt und obendrein ziemlich verlogen.

    Der Beispiele gäbe es noch viele.

    Einerseits wird einhellig darauf hingewiesen, dass man Kindern kein Kriegsspielzeug schenken soll, andererseits werden die Kleinen am Nationalfeiertag auf die Panzer gehievt.

    Und dann kommt noch dieses Männlichkeits-Getue hinzu. Bin gespannt, ob dieser Leserbrief veröffentlicht wird, eher nicht, da ja hier die Medien selbst kritisiert werden und das hören sie nicht so gerne, Lobeshymnen werden sofort veröffentlicht.

    Liebe Grüße
    Patricia

    AntwortenLöschen